Post: Yehuda Bauer (1926-2024)

Yehuda Bauer in Direktionsbüro beim Eintrag ins Gästebuch der Neuen

Yehuda Bauer (1926-2024)

Wir trauern um Prof. Dr. Yehuda Bauer, einen der renommiertesten und ‒ hier passt dieses Wort ‒ größten Forscher zur Shoah, zu Genozid und Antisemitismus. Er verstarb am 18. Oktober 2024 in Jerusalem.

Yehuda Bauer wurde 1926 als Martin Bauer in Prag geboren. Seine Eltern waren Zionisten und bemühten sich jahrelang um die Möglichkeit zur Ausreise ins damalige Mandatsgebiet Palästina. In der Nacht vor dem Einmarsch der Wehrmacht in Prag bestieg die Familie den Zug ‒ zusammen mit Max Brod. Die Flucht führte über Polen, Rumänien, die Türkei und schließlich nach Haifa. Mit 15 Jahren wurde Bauer Mitglied der „Hagana“, der jüdischen paramilitärischen Organisation, später von deren Elitetruppe „Palmach“. 1952 schloss er sich dem sozialistischen Kibbuz Schuval (gehörend zur Bewegung des „HaShomer Hazair“) im Negev an und arbeitete als Melker. Für sein Promotionsstudium an der Hebrew University of Jerusalem stellte ihn der Kibbuz frei, womit seine wissenschaftliche Karriere begann.

Yehuda Bauer publizierte mehr als 40 Bücher über die Shoah und Antisemitismus. Er war Gründungsherausgeber der Zeitschrift „Holocaust and Genocide Studies“ und leitete das International Centre for Holocaust Studies in Yad Vashem. 1998 gehörte er zu den Gründern der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA), deren Ziel es war, Aufklärung und Erforschung und Erinnerung in Bezug auf den Holocaust weltweit zu fördern; er war Autor von deren Stockholmer Erklärung (https://holocaustremembrance.com/resources/stockholmer-erklaerung), ihr akademischer Berater und bis zuletzt Ehrenvorsitzender. 1998 sprach er anlässlich der Gedenkstunde zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus vor dem Deutschen Bundestag, am 27. Januar 2006 vor den Vereinten Nationen. Von den vielen Einsichten und Lehren, die Yehuda Bauer hinterlassen hat, sei folgende zitiert: Er bezeichnete die Shoah als präzedenzlos, aber nicht als einzigartig. Denn dies, so Bauer, würde implizieren, dass solches nicht mehr geschehen könne. Nach seiner Überzeugung aber könnte es wieder geschehen.

Im Mai 2019 hatten wir die Ehre, Yehuda Bauer in der Stiftung Neue Synagoge Berlin ‒ Centrum Judaicum als Gast zu haben. Der Abend „Sechs Jahrzehnte forschen über Shoah und Antisemitismus ‒ Yehuda Bauer im Gespräch“ widmete sich Yehuda Bauers Lebenswerk sowie seinen aktuellen Forschungsansätzen. Im Gespräch mit Stefanie Schüler-Springorum und Anja Siegemund bilanzierte und kommentierte Yehuda Bauer seine vielfältigen bahnbrechenden Forschungen, Arbeiten und Initiativen zu Shoah, Genozid und Antisemitismus. Sein Fazit zu aktuellen Entwicklungen und Bedrohungslagen: „Es ist nicht wie 1933 – aber gefährlich“. Das Video der Veranstaltung sehen Sie hier, die Kooperationspartner waren das Zentrum für Antisemitismusforschung, die Landeszentrale für politische Bildung und der LIT-Verlag. Petra Pau, die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags und Vorsitzende unseres Beratenden Kuratoriums, hielt ein Grußwort.

Sein Lebenswerk wird uns weiter begleiten.

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