Am Rande der letzten Veranstaltung, die wir Anfang März in unserem Großen Saal durchführten, illustrierte ich für manche Gäste, die mir die Hand geben wollten, den charakteristischen Vulkanier-Gruß, den Star Trek-Fans kennen, seit ihn Commander Spock das erste Mal zeigte: Man hebt die rechte Hand, Zeige- und Mittelfinger, die sich berühren, werden von Ringfinger und kleinem Finger weggespreizt, so dass ein V entsteht, die Vulkanier wünschen dazu: Lebe lang und erfolgreich oder auch: Lebe lang und in Frieden. Später in seinem Leben hat der jüdische Darsteller des Spock, Leonard Nimoy, erklärt, worauf er bei dem von ihm erfundenen Vulkanier-Gruß zurückgriff. Damit ahmte er den Segen nach, den Kohanim (Nachkommen der israelitischen Priester-Klasse), in liberalen Gemeinden auch Rabbiner*innen, über die Gemeinde sprechen. In dieser Birkat Kohanim ist übrigens eine vielfache religiöse Symbolik präsent, wird doch die Segensgeste auch als Nachbildung des hebräischen Buchstabens Schin interpretiert, womit unter anderem Schaddaj beginnt, ein Name für Gott, oder auch Schechina, was für die Gegenwart Gottes steht.
Man soll mich nicht missverstehen, es geht hier im Augenblick nicht darum, eine gewagte Mischung religiöser und profaner Symbolik zu diskutieren. Doch sicher ist erstmal, dass Begrüßungsgesten mit physischem Abstand an Bedeutung gewonnen haben. Seit den noch vor wenigen Wochen bereits ernsten, aber auch noch halb scherzhaften Verweisen auf den Vulkanier-Gruß ist die Situation für uns alle drastisch verändert. Auf die Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum bezogen, bedeutet dies, dass unser Museum und Historisches Archiv geschlossen sind und das gesamte Team fast nur von zuhause arbeitet. Im Augenblick nutzen wir die Zeit für Vorbereitungen und Planungen im „Backoffice“ vielfacher Arbeitsfelder: was Ausstellungs– und Bildungstätigkeit, die Erschließung unseres Historischen Archivs und unsere Öffentlichkeitsarbeit betrifft. Obwohl wir unsere Kapazitäten vor allem darauf konzentrieren, überlegen wir auch, in welcher Form wir verstärkt digitale Angebote unterbreiten können. Dazu werden wir zunächst Mitschnitte von manchen unserer Veranstaltungen in aufbereiteter Version zugänglich machen. Noch ist nicht absehbar, wann das Museum wieder offen sein wird, wir Führungen und Seminare sowie Veranstaltungen durchführen und den persönlichen Service in unserem Historischen Archiv anbieten können. Wir begreifen die Situation zu einem Teil auch als Chance für neue Konzepte − dennoch hoffen wir vor allem, Besucher*innen bald wieder persönlich bei uns begrüßen zu dürfen. Wir freuen uns, wenn Sie in der Zwischenzeit weiter oder intensiviert über Social Media mit uns und unserer Arbeit in Kontakt bleiben; wir sind auf Twitter, Facebook und Instagram aktiv. Bitte bleiben Sie neugierig auf uns …
Menschen und deren Leben zu schützen, sich selbst und andere, hat Vorrang vor allem anderen − dieser Grundsatz entspricht zutiefst jüdischen Werten. Zumindest auf diese Weise bekommt auch der profane Vulkanier-Gruß, wenn man ihn nun statt Händeschütteln benutzt, tatsächlich ein Stück Jüdischkeit …
Wir wünschen jedenfalls Chag Pessach Sameach, ein frohes Osterfest und den Vulkanier-Gruß für alle über-All! Bleiben Sie gesund!
Anja Siegemund und das Team
der Neuen Synagoge Berlin – Centrum Judaicum