Lesser Ury
Bilder der Bibel
10.04.2011 – 31.07.2011
Chana C. Schütz, Gudrun Fritsch
Lesser Ury
Er gilt als der Zauberer des Lichts und der Farbe, der Maler Lesser Ury ( 1861-1931). Kein anderer hat die Stadt Berlin so gemalt wie er. Wenn der Name Lesser Ury fällt, dann denken wir unwillkürlich an Szenen aus Berliner Caféhäusern oder an das rastlose Treiben auf den Straßen der damals noch jungen Metropole Berlin an der Wende zum 20. Jahrhundert.
Doch da gab es noch Lesser Ury, den Juden, der Maler der Bilder der Bibel. Monumentale Gemälde, in denen es um die großen Themen der jüdischen Existenz und der Menschheit ging: Lesser Ury zeigte die Juden in Babylon als arme Leute auf einer Holzbank, die vor sich hinstarren. Er malte den Jeremias, der unter dem Sternenhimmmel liegt und den riesenhaften Moses, der sein gelobtes Land aus der Ferne schaut.
Chana C. Schütz, Gudrun Fritsch
Bilder der Bibel
Diese Bilder sind heute vergessen. Doch lagen gerade sie dem Maler besonders am Herzen, wurde er ihretwegen vom Kunstbetrieb seiner Zeit auch am meisten geschmäht und kritisiert. „Seelisch-soziale Zustände“ sollten diese Gemälde aufgreifen und waren die Antworten eines Künstlers auf die Frage nach der jüdischen Existenz in der modernen Gesellschaft. Es sind Bilder, die uns einen Einblick verschaffen in die Welt eines Berliner jüdischen Künstlers, eines Malers, der mit seinen Werken mitarbeiten wollte “an der Erhöhung des Menschentums”.
Zeitgleich mit der Ausstellung im Centrum Judaicum zeigt das Käthe-Kollwitz Museum Berlin das graphische Oeuvre des Künstlers, denn Lesser Ury war auch ein bedeutender Graphiker. Man nannte ihn einen Malerradierer, denn auch als Graphiker war er durchaus und vor allem Maler, dessen Farbe in dem Medium von Schwarz und Weiß neu auflebte.
Lesser Ury – Lebensadaten
1861
Geboren am 7. November als dritter Sohn des Bäckermeisters Joseph Ury und seiner Frau Fanny in Birnbaum bei Posen.
1873-78
Besuch der Luisenstädtischen Realschule mit Abschlusszeugnis de Mittleren Reife.
1878-79
Beginn einer Kaufmannslehre, die er nach 12 Monaten abbricht. Ury verlässt Berlin, um sich in Düsseldorf in die Kunstakademie einzuschreiben.
1884
Übersiedlung nach Volluvet. Vollendung des Monumentalgemäldes Jakob segnet Benjamin, das Ury jedoch zerstört.
1885
Rückkehr nach Berlin, um sich an der Akademie einzuschreiben. Ablehnung durch deren Direktor, Anton von Werner. Es folgen Studienaufenthalte in Stuttgart und Karlsruhe.
1887
Endgültige Rückkehr nach Berlin. Auf Empfehlung von Uhde Unterstützung durch Max Liebermann und freundschaftliche Beziehungen zu ihm.
1889-90
Erste Ausstellung in der Avantgarde-Galerie bei Fritz Gurlitt. Überwiegend negative Pressereaktionen, aber auch Anerkennung durch Cornelius Gurlitt in der Zeitschrift Die Gegenwart. Durch die Unterstützung von Adolph von Menzel erhält der Künstler den Michael-Beer-Preis der Akademie, daraufhin längere
Aufenthalte in Rom und Capri.
1898
Vollendung des einzigen Triptychons Der Mensch. Dieses Werk löst heftige Diskussionen aus.
1901
Martin Buber veröffentlicht begeisterten Artikel in der kulturzionistischen Zeitschrift Ost und West. Ausstellung mit anderen jüdischen Künstlern auf dem V. Zionistischen Kongress in Basel, die von Ephraim Moses Lilien und Martin Buber organisiert wird. Erste Ausstellung im Kunstsalon Eduard Schulte in Berlin. Umzug an den Nollendorfplatz 1, III, als Wohnung und Atelier.
1906
Vollendung des Monumentalgemäldes Die Sintflut.
1910
Große Berliner Kunstausstellung. In einem Ehrensaal werden Pastellbilder Urys präsentiert. Das Urteil der Presse ist, neben wenigen negativen Stimmen, überwiegend positiv.
1914-15
Zweite Ausstellung im Kunstsalon Edward Schulte. Maßgeblich für Urys Hinwendung zu intensiver grafischer Tätigkeit wird Hermann Struck.
1916
Umfassende Retrospektive seines Werkes (80 Bilder) vor allem Landschaften und Werke aus der Frühzeit in der Galerie Paul Cassirer, bedeutet für Ury den künstlerischen Durchbruch. Die monumentalen Werke der Bibel werden nicht ausgestellt.
1921
Anlässlich des 60. Geburtstages erscheinen: Adolph Donath Lesser Ury. Seine Stellung in der modernen deutschen Malerei und Lothar Brieger, „Lesser Vry” in: Graphiker der Gegenwart, Bd. 9. Die Berliner Seccession ernennt den Künstler zum Ehrenmitglied.
1923
Ankauf von drei Gemälden durch den Direktor der Nationalgalerie Berlin, Ludwig Justi.
1927
Ausstellung von Zeichnungen in der Nationalgalerie Berlin und Ankauf von vier Blättern durch die Nationalgalerie. Ury stiftet eine Darstellung aus der Bibel, die Zeichnung Simson.
1928
Erster schwerer Herzanfall von dem sich Ury nicht mehr erholt, eine Reihe von Selbstbildnissen entsteht, darunter das Pastell Der Kranke Ury.
1929-30
Die Schaffenskraft Urys, ist stark reduziert. Er verlässt nur noch selten seine Wohnung.
1931
Zu verschiedenen Tageszeiten malt er den Blick aus seinem Atelierfenster auf den Nollendorfplatz, es entstehen sein letztes Selbstporträt sowie das Gemälde Jude im Gebetsmantel. Am 18. Oktober stirbt Lesser Ury an Herzversagen und wird am 21. Oktober in der Ehrenreihe des Jüdischen Friedhofs in Berlin-Weißensee beigesetzt.
Eine Ausstellung in Kooperation mit
Gefördert durch
Galerie
Bild 1: Blick in die Ausstellung 1 (c) CJ_MBilleb
Bild 2: Blick in die Ausstellung 2 (c) CJ_MBilleb
Galerie: Blick in die Ausstellung 3 (c) CJ_MBilleb
Ausstellungsimpressum der Stiftung „Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum“
Lesser Ury – Bilder der Bibel
Stiftung „Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum“
Oranienburger Straße 28/30
D-10117 Berlin
Juni bis 31. August 2002
Gesamtleitung Chana C. Schütz
Gestalterische Leitung Georg von Wilcken, MD Berlin
Ausstellungsgestaltung und Ausstellungsgraphik Antonia Neubacher
Organisations- und Produktionsleitung Verena Immler
Produktionsassistenz Meike Sander, MD Berlin
Ausstellungsbüro Karl Kilian
Recherchen Karl Kilian, Katja Köhr, Eva Walker
Ausstellungsbauten kubix, Berlin
Chamäleon Service, Berlin
Medientechnik AV-Optics
Konservatorische Betreuung und Restaurierung Friederike Beseler
Hirsch & Associates, New York
Transporte Hasenkamp Internationale Transporte
Kunsttransporte Belaj, Berlin
Baumer & Model; Reshit Ltd., Israel
Ausstellung und Begleitband wurden ermöglicht durch Mittel der Stiftung Deutsche Klassenlotterie, Berlin
Die Ausstellung wurde mit Unterstützung des Museumspädagogischen Dienstes (MD) Berlin realisiert.